Das Haus der bunten Bücher: "Hörbücher sind eine Herzensangelegenheit für mich." Hörbuchsprecher Rufus Beck im Interview

"Hörbücher sind eine Herzensangelegenheit für mich." Hörbuchsprecher Rufus Beck im Interview

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Ich habe Harry Potter mit ungefähr acht Jahren kennen gelernt. Ich habe nicht etwa das Buch gelesen, nein, ich habe das Buch gehört. Wir haben den ersten Band auf Kassette (ja, genau, Kassette ‒ ist eh viel besser als CD 😇) und so bin ich damals einen Nachmittag nur in meinem Zimmer gesessen und habe gespannt Rufus Becks, der alle HP-Bücher vertonte, Stimme gelauscht. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sehr ich mich dann über die Zusage auf das E-Mail-Interview gefreut habe. Heute veröffentliche ich es für euch!

Viel Spaß!



Rufus Beck ist ein deutscher Theater- und Filmschauspieler und auch Hörbuch- und Synchronsprecher. Für die "Harry Potter"-Reihe hat er viele verschiedene Dialekte und Akzente verwendet, einige sogar selbst erfunden. In der Rolle als Waltraud in dem Film Der bewegte Mann ist er berühmt geworden. Er hat einen Sohn (der übrigens bei den "Freche Mädchen"-Verfilmungen mitspielte) und zwei Töchter, die auch Schauspieler sind.

HdbB: Die von Ihnen gelesenen Hörbücher der "Harry Potter"-Serie sind sehr faszinierend, besonders auch wegen der unterschiedlichen Stimmen und Dialekte, die Sie den Figuren gegeben haben. Wie bereiteten Sie sich auf dieses Mammutprojekt vor und wie vermieden Sie es, sich in der Vielzahl der unterschiedlichen Charaktere zu verheddern? 
Rufus Beck: Der liebe Gott hat mir ein visuelles Talent geschenkt, ich lese ein Buch einmal, mache mir Markierungen und das war's. Ich stelle mir jede einzelne Figur ganz plastisch vor, wie in einem Fotoalbum, so habe ich Jeden einzelnen Charakter immer vor Augen. Die einzelnen Figuren markiere ich in verschiedenen Farben, und weil es nicht so viele Farben wie Figuren gibt, kommen Punkte, Striche und andere graphische Erkennungszeichen hinzu. Markiert werden auch ausdrückliche Hinweise im Text: "flüsterte er, hauchte sie, donnerte es …"
 
HdbB: Erzählen Sie doch mal: Wie entsteht ein Hörbuch? Welche Schritte müssen durchlaufen werden?  
Rufus Beck: Zuerst gibt es die Idee ein Hörbuch zu produzieren, die entweder von mir kommt, dann muss ich die Rechte daran von einem Verlag erwerben, oder eine Anfrage mit einem Projekt kommt direkt von einem Verlag.


Ich produziere fast alle Hörbücher selbst, das heißt: Ich bin verantwortlich für Produktion, Regie und Aufnahme. Ich buche ein Studio mit einem Toningenieur. In Absprache mit dem Verlag wird es eventuell Trennungs- oder Hintergrundmusik geben. Manchmal arbeite ich auch mit Geräuschen, sehr selten werden die einzelnen Charaktere akustisch voneinander getrennt, sodass die eine Person von links die andere von rechts zu hören ist. Musik etc. werden von mir entweder komponiert oder ich vergebe an einen Musiker einen Auftrag.

Dann beginnt die Studioarbeit. Der Toningenieur sitzt im Regie-Raum, ich in einem schalltoten Aufnahmeraum und höre mich und den Toningenieur nur über meinen Kopfhörer, so kontrolliere ich mich bei der Aufnahme selbst.

Sind die Aufnahmen, die manchmal über Wochen gehen, fertig, geht es an den Schnitt und die Editierung: Die Versprecher, Geräusche etc. müssen herausgeschnitten werden, dann werden die Tracks festgelegt, nach Zeit (alle 5 Minuten zum Beispiel) oder nach Inhalt oder nach Kapitelaufteilung. Dann wird festgelegt, wie die CDs gegliedert werden, damit nicht mitten in einem Satz die CD gewechselt werden muss. Dann wird gemischt. Die Lautstärken, sprich die Dynamiken werden angepasst, der Sound wird gemischt, Bässe, Treble, etc.

Der Verlag bekommt sozusagen am Ende ein schlüsselfertiges Hörbuch geliefert und muss nur die "Master" , also die Muster-CDs abhören, ob Fehler, Geräusche oder Unverständlichkeiten zu hören sind. Die werden dann von mir im letzten Schritt nochmal korrigiert und dann geht alles ins Presswerk zur Produktion der CDs.

HdbB: Sie sind nicht nur Hörbuchsprecher, sondern zum Beispiel auch Schauspieler. Auf Anhieb fallen Sie mir in Ihrer Rolle als Zauberer Petrosilius Zwackelmann in "Der Räuber Hotzenplotz" ein. Außerdem spielen sie in Theaterstücken und Musicals mit und arbeiten als Synchronsprecher. Was bereitet Ihnen am meisten Freude?  
Rufus Beck: Die Abwechslung macht mir Freude. Ich spiele Theater, drehe Filme, inszeniere Shows, schreibe Theaterstücke, produziere Hörbücher, moderiere Veranstaltungen und wenn ich synchronisiere, dann in der Regel nur Animationsfilme ("Das grosse Krabbeln", "Shrek" u.a.)

HdbB: Sie haben bei sehr vielen Werken mitgearbeitet. Gibt es eines, wovon Sie rückblickend lieber die Finger gelassen hätten und wieso?  
Diese Frage erübrigt sich, wenn man die Antwort drei Fragen weiter liest.


HdbB: Der Regisseur David Lynch soll seine vielen Ideen durch Mengen an Zucker erlangen. So trinke er täglich bis zu sieben Tassen Kaffee, angereichert mit reichlich der weißen Kristalle, und einen Schokoladenmilchshake. Brauchen Sie etwas Bestimmtes, um auf Touren zu kommen oder haben Sie eine bestimmte Routine?  
Rufus Beck: Guten Schlaf, gesunde Ernährung, Sport.



HdbB: Haben Sie neben Ihrem Beruf Hobbys, wenn ja, welche? 
Rufus Beck: Ich mache sehr viel Outdoor Sport: Tauchen, Bergsteigen, Skifahren, Gleitschirmfliegen, Mountainbiken, Kayak fahren.


HdbB: Sie haben beruflich viel mit Literatur zu tun. Gibt es einen Lieblingsschriftsteller oder ein Lieblingsbuch? 
Rufus Beck: Ich liebe alle Autoren und Bücher, die ich je produziert habe, Hörbücher sind immer eine Herzensangelegenheit für mich. Aber um einige wenige Autoren zu nennen, wären das: John Irving, Anthony McCarten, Joanne Rowling, die mein literarisches Dreigestirn bilden. Mein Kinderlieblingsbuch ist: „Der Meteoritenlöffel“ von Philip Ridley und bei der Erwachsenenliteratur ist es "Garp und wie er die Welt sah" von John Irving.


HdbB: Nach Ihrem Abitur haben Sie Islamwissenschaften, Ethnologie und Philosophie studiert. Inwieweit profitieren Sie von dieser breitgefächerten Ausbildung bei ihrer jetzigen Arbeit?  
Rufus Beck: Mein Studium hat leider gar nichts mit meiner jetzigen Arbeit zu tun, das Schicksal wollte aus mir keinen Akademiker, sondern einen Künstler machen.
 
HdbB: Und zum Abschluss meine Standardfrage: Welche Schuhgröße haben Sie? 
Dazu hat Rufus Beck mir leider keinen Kommentar abgegeben.


Vielen lieben Dank für das Interview, Herr Beck, es hat mich wirklich gefreut!

2 Kommentare:

  1. Hallo Mila =)

    Das ist aber ein sehr interessanten Interview! Vielen Dank für diesen tollen Einblick!

    LG
    Anja

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